Samstag, 1. März 2014
Utopie oder Dystopie: Aldous Huxleys "Brave new world"
Es gibt eine Reihe von literarischen Werken, die sich in der einen oder anderen Weise der Utopie oder Dystopie zuwenden. Sei es in kultureller, gesellschaftlicher, wissenschaftlicher oder religiöser Hinsicht, oftmals auch in einer Mischung aus mehreren Aspekten. Angefangen von den Artusromanen des Mittelalters, über Daniel Defoes „Robinson Crusoe“, George Orwells „1984“ oder „Animal Farm“ (Farm der Tiere), James Hiltons „Lost Horizon“ (Der verlorene Horizont) oder Aldous Huxleys „Brave new world“ (Schöne neue Welt).


In seinem Roman „Brave new world“ entführt uns Aldous Huxley in eine ferne Zukunft. Die schöne neue Welt führt uns eine stabile Weltgesellschaft vor Augen, errungen durch den wissenschaftlichen Fortschritt. In 600 Jahren wird es nur noch fröhliche und heitere Menschen geben, die mit sich und ihrem Platz innerhalb der Gesellschaft zufrieden sind. Es gibt keine Kriege mehr. Jeder Mensch hat Arbeit. Keiner kennt mehr Krankheit, Schmerzen oder Leiden. So sieht zumindest das utopische Moment dieser Vorstellung aus. Das dystopische Moment zeigt uns den Preis, den diese Gesellschaft dafür zahlen muss. Diese schöne neue Welt kennt keine Individualität, keine persönliche Freiheit und keine echten Gefühle mehr. Da es bis auf die durch die Wunderpille Soma erzeugte künstliche Heiterkeit keine anderen Gefühle mehr gibt, gibt es auch keine Kunst oder Literatur mehr. Der neue Gott ist Ford, die neue Religion ist der Fortschritt. Diese Welt hat die Natürlichkeit des Lebens verloren.

Wie fragil dieses Konstrukt ist, zeigt, dass es trotz der ständigen Kontrolle der einzelnen Mitglieder Menschen innerhalb dieser neuen Welt gibt, die sich dieser sinnlosen und gefühlsarmen Leere in sich und um sich herum bewusst werden. Einer dieser Menschen ist Bernhard Marx. Auf der Suche, diese innere Leere zu füllen, wagt er sich aus der schönen neuen Welt heraus. Denn trotz dieser weltumspannenden, zivilisierten Welt gibt es sie noch, die weißen Flecken auf der Landkarte. Abgeschottet und ausgegrenzt leben Menschen in Reservaten, die nicht künstlich reproduziert wurden, die ihre alten Bräuche und Religionen pflegen. In einem dieser Reservate, ein Indianerreservat in Nordamerika, begegnet Bernhard dem „Wilden“ John. John ist jedoch kein gewöhnlicher Wilder. Zwar wurde er außerhalb der sogenannten zivilisierten Welt aufgezogen, doch sind seine Eltern selbst künstlich konditionierte Menschen. So kommt es, dass John als Hybride rein äußerlich der perfekte Mensch ist, innerlich jedoch wie ein echter Mensch aus Fleisch und Blut fühlt. Als künstlicher Mensch nicht im Reservat akzeptiert, als Wilder in der schönen neuen Welt wie eine Art Studien-und Experimentierobjekt herumgereicht, entschließt sich John für ein Leben in der Einsamkeit und scheitert.
Soma ist eine Art chemische Droge, die bei der Konditionierung der stabilen Weltgesellschaft helfen soll. Es wird den Menschen regelmäßig verabreicht. Stellen sich negative Gefühle bei einem Menschen ein, dann verschafft eine extra Ration Soma diesem Gefühl  Abhilfe.

Die „Schöne neue Welt“ ist nicht nur eine Kritik und eine Art Abgesang auf Wissenschaft und Fortschritt. Mit ihrem Zentrum London ist dies auch ein Versuch die koloniale Perspektive der Kolonialmacht Großbritanniens und Geschichte der Kolonialisierung Amerikas umzudrehen und ihr den Spiegel vorzuhalten.